Aufbau einer Training Einheit

Einleitung

Manchmal werden wir gefragt, wie man eine Trainingseinheit aufbauen kann, oder wie man die Ausbildung des Pferdes über die Jahre hinweg gestaltet. Es gibt mehrere Prinzipien, anhand deren man die Ausbildung des Pferdes strukturieren kann, sowohl was die Gestaltung einer einzelnen Trainingseinheit angeht, als auch in Bezug auf die Gesamtausbildung über einen Zeitraum von vielen Jahren.

Im Training sollte immer die Verbesserung der Grundlagen im Vordergrund stehen, wie die Verbesserung des Körpergefühls des Pferdes, seiner Koordination, Balance, Geraderichtung, Geschmeidigkeit, Durchlässigkeit, der Qualität der Gänge und langfristig auch Schwung und Versammlung. Dressurlektionen sind einerseits gymnastische Werkzeuge, die der Reiterin helfen, diese Grundlagen zu verbessern und andererseits erlauben sie ihr zu beurteilen, in wie fern das Pferd diese Grundlagen bereits beherrscht, wo es sich noch verbessern muss, wo eventuell Bildungslücken bestehen oder wo es Defizite in seiner Körperwahrnehmung oder seinem Verständnis gibt.

Die höchsten Prioritäten

Hier ist eine Liste der höchsten Prioritäten, so wie ich sie verstehe. Rückt man diese in den Fokus und verbessert sie ständig, befindet man sich auf relativ sicherem Boden und das Pferd wird Fortschritte machen. Da wir unsere Pferde in der Regel im Gange arbeiten, muss alles damit beginnen, dass wir eine Hufschlagfigur auswählen, die Pferdehufe daran entlang ausrichten und dann ein Tempo, eine Trittlänge und ein Energieniveau etablieren, die dem Pferd erlauben, sich auszubalancieren und zu entspannen.

Selbst wenn man das Pferd im Halten arbeitet, versucht man es auf der geraden oder gebogenen Linie auszurichten, auf der man durchpariert hat. Man kann auch in einem Seitengang anhalten. Dann sollte das Pferd dieselbe Biegung und Abstellung beibehalten, die es im Gange innehatte. Man kann die Hinterbeine im Halten mehr unterschieben und das Gewicht mehr auf die eine oder andere Seite oder auf die Hinterhand verlagern. Die Verbesserung der Balance ist immer eine der höchsten Prioritäten, da sich alles andere aus ihr ergibt. Ohne Balance, kann nichts Gutes erreicht werden.

  1. Man wählt eine beliebige Hufschlagfigur aus. Es könnte ein Zirkel sein, eine Volte, Schlangenlinie, ein Rechteck, Quadrat, Dreieck oder Oval. Runde Figuren sind für die meisten Pferde einfacher als eckige. Größere Figuren sind leichter als kleinere, da das innere Hinterbein umso mehr Gewicht aufnehmen muss, je kleiner die Wendungen sind.

  2. Man richtet das Pferd entlang der gerittenen Linie aus, sodass sich seine linken Beine links von der Linie, die rechten Beine rechts von der Linie befinden und seine Wirbelsäule einen Ausschnitt der gerittenen Linie bildet (d.h. auf gebogenen Linien muss sich auch die Wirbelsäule biegen). Dies hilft dem Pferd sich seitlich auszubalancieren. Es bildet den Anfang der Geraderichtung.

  3. Man sucht ein Tempo, eine Trittlänge und ein Energieniveau, das es dem Pferd erlaubt, sich loszulassen. Dies ist der Anfang der longitudinalen Balance. Das Tempo muss so gleichmäßig wie ein Uhrwerk sein, dabei weder zu schnell, noch zu langsam. Sonst findet das Pferd nicht sein Gleichgewicht und wird sich folglich auch nicht loslassen können. Sind die Tritte zu lang oder zu kurz, wird sich das Pferde ebenfalls nicht finden können. Ist die Energie zu hoch, wird das Pferd sich verspannen. Ist die Energie zu niedrig, erreichen die Impulse der Hinterhand nicht das Gebiß.

  4. Biegearbeit in der Bewegung zur Verbesserung der Balance, Geschmeidigkeit und Kraft. Sie untergliedert sich in 3 Phasen:

    a) Biegen und Wenden auf einfachem Hufschlag (Zirkel, Volten, Ecken, Schlangenlinien)

    b) Übertreten mit Biegung gegen die Bewegungsrichtung (Zirkel Vergrößern, Viereck Verkleinern/Vergrößern, Vorhandwendung in der Bewegung, Schulterherein, Konterschulterherein)
    
c) Übertreten mit Biegung in die Bewegungsrichtung (Travers, Renvers, Traversale)

  5. Verbinden der Pferdebeine mit den Zügeln von hinten nach vorne, indem man ein Hinterbein 2-3 Tritte auffordert etwas mehr zu schieben, während man einen Zügel vermehrt fühlen läßt.

  6. Verbinden der vier Pferdebeine mit dem Gewicht und dem Boden, indem man das Tempo verlangsamt oder durchpariert, wenn ein bestimmtes Bein sich am Boden befindet.

  7. Fördern des Körpergefühls und der Koordination des Pferdes durch Mobilisieren der Hüften um die Schultern, der Schultern um die Hüften, gleichzeitiges weichen Lassen der Hüften und Schultern, Aufheben eines bestimmten Beins, Lastwechsel von einer Seite zur anderen.

Schritt 1-3 erzeugen ein erstes Gleichgewicht, das es dem Pferd ermöglicht, sich loszulassen und eine stete, gleichmäßige Anlehnung herzustellen. Es können dann noch immer Steifheiten und Widerstände vorhanden sein, die auf Gebäudeprobleme oder vergangene Ausbildungsfehler zurückzuführen sind.

Schritt 4-7 helfen dabei, diese Muskelblockaden aufzufinden und zu beseitigen. Die Schritte 4-7 können in derselben Trainingseinheit in verschiedenen Kombinationen geübt werden.

Die traditionelle Reihenfolge, die auf Schritt 4) aufbaut, besteht darin, nacheinander den großen Zirkel, die Ecke, die Volte, das Schulterherein, den Travers und die Traversale in dieser Reihenfolge einzuführen. Die Biegung in der Ecke und der Volte ist dieselbe wie in den Seitengängen.

Schwierigere Übungen reitet man zuerst im Schritt, um dem Pferd die Gelegenheit zu geben herauszufinden, welches Bein wohin gehört und welches Bein in den verschiedenen Teilen der Übung jeweils die Hauptlast stützen muss. Sobald die Übung im Schritt gut fließt, probiert man sie im Trab. Wenn Sie im Trab flüssig gelingt, probiert man sie im Galopp.

Sollte während einer Übung oder einer Lektion etwas schief gehen, pariert man wieder zum Schritt oder sogar zum Halten, um das verloren gegangene Gleichgewicht und die Geschmeidigkeit wieder herzustellen, bevor man zum Trab oder Galopp zurückkehrt oder bevor man die Lektion wieder aufnimmt.

Jede Lektion kann analysiert werden als eine Kombination von mehreren elementaren Grundbausteinen (Schieben, Heben/Stützen, Schultern Wenden, Übertreten, Wirbelsäule biegen, Lastwechsel). Falls ein Fehler passiert oder eine Übung sich als sehr schwer für das Pferd entpuppt, dann liegt es daran, dass ihm mindestens einer der Grundbausteine schwer fällt. Verbessert man diesen Baustein, wird die ganze Übung/Lektion besser.

Man kann herausfinden, auf welchem Niveau sich das Pferd im Training befindet, indem man mit Hilfe diese Liste identifiziert, welche Bausteine dem Pferd schwer fallen und welche innerhalb seiner Möglichkeiten liegen. Es kann sein, dass es sich in jeder Gangart auf einem anderen Niveau befindet.

Je höher die Gangart, je größer die Tritte und je höher die Energie, desto mehr werden Steifheiten und Widerstände zum Vorschein kommen. Zu viel Energie und zu starkes Zulegen kann das Pferd aus dem Gleichgewicht bringen und Steifheiten und Widerstände erzeugen. Überlastet man andererseits die Hinterhand und verkürzt man die Tritte zu sehr, kann es die Bewegungsfreiheit des Pferdes zu stark einschränken und ebenfalls zu Steifheit und Widerstand führen.

Schlußbetrachtung

Sie können meine Liste von Handlungsschritten und Prioritäten als eine Art Roten Faden bei der Strukturierung einer Trainingseinheit benützen. Fangen Sie mit etwas Einfachem an und entwickeln Sie daraus schrittweise komplexere und herausfordernde Übungen oder Hufschlagfiguren.

Fangen Sie langsam und behutsam an, um sich und Ihrem Pferd die Möglichkeit zu geben, sich zurecht zu finden. Wenn sich die Übung im Schritt weich und fließend anfühlt, probieren Sie sie im Trab. Ist das Pferd in der Lage, in einem niedrigeren Energieniveau gut seine Balance zu behalten, kann man sein Energieoutput steigern.

Finden Sie heraus, wo sich Ihr Pferd am gegebenen Tag in der Ausbildung befindet. An manchen Tagen kann man etwas mehr von ihm verlangen oder eine neue Lektion einführen, während man an anderen Tagen einen oder zwei Schritte zurück gehen muss, um neue Konzepte zu festigen, die man ihm kürzlich beigebracht hat. Manchmal müssen wir auch ganz zur Basisarbeit zurückkehren und nach Lücken suchen, bevor wir mit der fortgeschritteneren Arbeit weitermachen können.

Sie brauchen sich nicht sklavisch an meine Liste zu halten. Es besteht immer eine gewisse Freiheit beim Aufbau des Trainings. Sie ist eher als Orientierungshilfe gedacht, damit man sich nicht ganz verirrt.