In einer unserer Facebook Gruppen gab es eine Frage bezüglich der Ellbogen und der Handposition. Die Teilnehmerin hatte von ihrer Lehrerin gesagt bekommen, dass sie ihre Hände weiter vorne lassen sollte, nahe am Widerrist. Da sie aber nicht sehr groß ist, muss sie ihre Schultern rund machen oder mit dem Oberkörper nach vorne fallen, um ihre Hände dorthin stellen zu können, wo die Lehrerin sie gerne sehen würde. Dadurch wird die Geschlossenheit bzw. die Kohäsion des Sitzes aufgegeben. Hier sind Shana’s und meine Antwort.
Thomas:
Wenn man gebaut ist wie Arthur Kottas, kann man die Ellbogen an die Hüften legen, einen 90 Grad Winkel mit den Ellbogen bilden und mit den Knöcheln den Widerrist berühren. Viele Reitlehrer haben diese Art von Bild vor Augen, wenn sie den Schülern sagen, sie sollten ihre Hände senken und weiter vorne hinstellen. Allerdings müssen wir alle gewisse Zugeständnisse für unseren eigenen Körper machen. Im echten Leben muss man oft eine Wahl treffen oder einen Kompromiss eingehen, da man unter Umständen nicht die Hände am Widerrist haben UND gleichzeitig die Ellbogen mit den Hüften verbinden kann, weil die Arme dazu einfach nicht lang genug sind.
Was ist wichtiger? Was ist der größere Fehler?
Ist es besser die Hände am Widerrist zu haben, ohne Verbindung zwischen Ellbogen und Hüften? In diesem Fall pflanzt sich die Verbindung, die das Pferd mit den Zügeln eingeht, an den Armen entlang nach oben zu den Schultern fort und bleibt dort stecken. Sie findet keine Verbindung zur Hinterhand. Man kann die Anlehnung und die Zügelhilfen nicht mit dem Gewicht unterstützen, sodass die Zügelhilfen nicht durchgehen. Die Schultern werden eventuell sogar vom Pferd nach vorne gezogen, sodass man seinen Sitz verliert und die Handgelenke, Ellbogen und Schultern steif werden.
Oder ist es besser, die Hände etwas höher und näher am Körper zu halten, etwas weiter entfernt vom Widerrist, aber mit einem Winkel in den Ellbogen und einer Verbindung zwischen den Ellbogen und dem Becken (d.h. den Rumpfmuskeln), sodass eine direkte Energieübertragung zwischen den Hinterbeinen und dem Gebiss stattfindet und die Handgelenke, Ellbogen und Schultern entspannt sind?
Die Antwort ist ziemlich offensichtlich.
Viele Reiter und Reitlehrer haben gewisse oberflächliche Idealvorstellungen, die sie allen Pferden und Reitern aufzwingen wollen. Sie geben der Form Priorität gegenüber der Funktion. Daher verlangen sie vielleicht, dass ein Haflinger sich genauso bewegt wie Valegro, oder dass eine Reiterin mit langem Oberkörper und kurzen Armen genauso sitzt wie Charlotte Dujardin, obwohl das anatomisch gar nicht möglich ist und diese Erwartungen dem Pferd und der Reiterin gegenüber unfair wären. Stattdessen müssen wir alle mit unseren tatsächlichen Gegebenheiten arbeiten und diejenige Form finden, in der wir am effektivsten arbeiten können. Für die einzelne Reiterin bedeutet das, dass sie den Sitz finden muss, in dem sie am besten ausbalanciert, am stabilsten, am geschmeidigsten und am besten mit dem Pferd verbunden ist und damit auch am effektivsten mit ihrem Pferd kommunizieren kann. Und das kann für jeden einzelnen ein wenig anders aussehen.
Shana:
Eine Reiterin mit langem Oberkörper und kurzen Armen wird ihre Hände natürlich an einer anderen Stelle haben als eine Reiterin mit kürzerem Oberkörper und längeren Armen. Z.B. kann Thomas seine Knöchel rechts und links vom Widerrist aufsetzen. Wenn ich das machte, würde ich deutlich nach vorne fallen. Mit anderen Worten, … mein Sitz wäre eindeutig geschwächt.
Der richtige Platz für die Hände ist abhängig vom Rest IHRES Körpers. Er hängt sehr stark von den Längenverhältnissen der einzelnen Körperteile ab.
Hier sind die Aspekte, die eine höhere Priorität einnehmen:
- Becken neutral
- Schultern nach unten hängend und entspannt
- Oberarme hängen natürlich herab
- Ellbogen ein paar cm vom Oberkörper entfernt - die genaue Position hängt vom Verhältnis der Oberkörperlänge zur Armlänge ab. Er könnte bei den Hüftknochen sein oder in der Nähe der untersten Rippe oder irgendwo dazwischen. Sind die Ellbogen zu weit abgespreizt, werden die Zügel vom Kreislauf der Hilfen abgekoppelt und es verleitet dazu die Hände in den Handgelenken nach innen in Richtung Bauch einzudrehen. Sind die Ellbogen zu weit vorne, sind die Zügel ebenfalls abgekoppelt und die Arme werden gestreckt und steif, sodass die Anlehnung hart und unsensibel wird.
- Die Ellbogen sollten die meiste Zeit gebeugt sein (gerade Arme sind steife Arme)
- Die Hände sollten eine Vorwärtstendenz in Richtung Pferdemaul haben (etwas niedriger, wenn man lange Arme hat, etwas höher, wenn man kürzere Arme besitzt).
- Die Handgelenke müssen entspannt sein, niemals steif, verspannt oder hart.
Arm- und Handprobleme sind oft nur ein SYMPTOM für Sitzprobleme. Wir sehen diese Probleme jedoch in den Händen. Es ist nicht falsch die Handposition zu korrigieren, aber man muss gleichzeitig tiefer schauen um die Sitzdefizite zu erkennen, die dazu führen, dass die Hand versucht, die Arbeit des Sitzes zu tun.
Denken Sie an entspannte, vorwärts nachgebende Hände und Arme bei stabilen Rumpfmuskeln.